In Berlin erläuterten die Koalitionäre noch, wie sie „Verantwortung für Deutschland“ übernehmen wollen. In Bonn wurden fast gleichzeitig schon Unterschriften gesetzt. Beim zweiten SWB-Energiegipfel unterzeichneten Handel, Handwerk, Kommunen und Stadtwerke Bonn eine Gemeinsame Erklärung, wie sie die kommunale Energie- und Wärmewende in Bonn und der Region im Schulterschluss voranbringen.

Der zweite SWB-Energiegipfel griff den Schwung der Erstauflage vom vergangenen Jahr auf und trug ihn weiter und das mit doppelt so vielen Teilnehmenden. Rund 250 Akteure von IHK, Innungen, Berufs- und Ausbildungs-Stellen, der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS), von Verwaltung und SWB beteiligten sich im Haus der Netze rege an Austauschrunden und vertiefenden Themenpanels.
Das Ziel war klar. „Wir müssen ins Handeln kommen und Vollgas geben“, sagte SWB-Chef Olaf Hermes. Es sei keine Zeit für Zaudern oder Zögern. Die Energiewende bezeichnete er als „Megaufgabe“, die nur gemeinsam gelinge: „Wir können das alles gar nicht selber aufbauen, was hier zu bewerkstelligen ist. Wir wollen strategische Partnerschaften mit der Hochschule und umsetzungsorientierte Partnerschaften mit dem Handwerk.“ Die Wissenschaft etwa befasst sich mit der Nutzung von Wasserstoff, KI und Verkehr. Die HBRS hat beispielsweise eine vergessene Leitung unter dem Rhein ausgemacht, die die SWB möglicherweise für den Transport von Wasserstoff nutzen könnten, womit wiederum CO2 im Gasheizkraftwerk reduziert werden könnte.
Das gemeinsame Handeln unterstrich auch Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner: „Die Verwaltung hat die erste kommunale Wärmeplanung ein Jahr früher als gesetzlich vorgeschrieben abgeschlossen und damit aufgezeigt, was passieren muss, um das Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu erreichen. Jetzt ist es entscheidend, dass wir alle Kräfte bündeln und gemeinsam vorangehen. Handwerk, Industrie und Konzern Stadt. Die gemeinsame Erklärung ist ein ganz starkes Zeichen und muss nun in konkrete Zusammenarbeit übersetzt werden. Die Stadt wird dabei ihren Beitrag leisten.“

Planungssicherheit als Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende
Leitplanken für den kooperativen Weg setzte die „Gemeinsame Erklärung“, in die einfloss, was bereits hinter den Kulissen seit dem ersten SWB-Energiegipfel gemeinsam erarbeitet wurde, um die Wende zu schaffen. Ganz vorne steht die Planungssicherheit und die Forderung an die Politik für Verlässlichkeit zu sorgen: „Keiner investiert in Mitarbeiterweiterbildung oder Anlagenbetriebstechnik, wenn er vor großen Fragezeichen steht“, so Kreishandwerksmeister Thomas Radermacher, der auch überzeugt war: „Keiner schafft das Heizungsgesetz ab. Dass man aber an Stellschrauben drehen muss, ist ohne Zweifel, und damit mit muss man jetzt loslegen.“
Auch Teil der Erklärung: Bürokratieabbau. Dabei wurden schon auf kleiner Ebene erste Schritte gemeistert, wie ein Blick in eine der Arbeitsgruppen zeigte. So sei es im Austausch mit Hoch- und Tiefbauern gelungen, innerhalb des gesetzlichen Rahmens aus vier Vertragsdokumenten eins zu machen, wie der SWB-Einkaufsleiter Kai Schwerdtfeger als Beispiel anführte.

Eine Gemeinschaft für Fachkräfte
Konkurrenzdenken erteilten die Beteiligten beim Energiegipfel eine Absage. Wo es „Friktionen in einzelnen Geschäftsfeldern“ gebe, etwa mit dem Handwerk, so Hermes, seien klare Reglungen angesagt, “wie wir anständig miteinander umgehen“. In diesem Zusammenhang auch im Fokus - beim Gipfel wie in der Gemeinsamen Erklärung – waren die Fachkräfte. Angestrebt ist ein Zusammenschluss, um gemeinsam Nachwuchs anzuwerben.
Als Grundlage für die Zukunft der Wärmeversorgung dient die kommunale Wärmeplanung, die BonnNetz-Chef Urs Reitis nochmals vorstellte. Wie er beschrieb auch Hermes in seinen Ausführungen, dass Lösungen auf dem Weg der Umsetzung der Energiewende integriert gedacht werden müssen: So etwa bei den Netzen, um den Umstieg der noch vorherrschenden Wärmeerzeugung mittels Öl und Gas in Bonner Gebäuden auf Fernwärme und Wärmepumpen zu schaffen, und bei der Verbindung der Netze mit Energieerzeugung und Vertrieb. „In der Energiewirtschaft muss man alles zusammendenken“, so Hermes.
Bonn als „Eldorado für Photovoltaik“
Erklärtes Ziel ist die CO2-Neutralität, aber auf dem Weg dahin komme man um das Einlagern von CO2 nicht herum. Gleichzeitig stünden im Heizkraftwerk Nord, als einem der beiden großen CO2-Emittenten in Bonn neben der Müllverwertungsanlage, schon Tests mit angeliefertem Wasserstoff an. „Natürlich werden wir auch ein Anschlussbegehren stellen, um ans Wasserstoffkernnetz angeschlossen zu werden“, so Hermes. Um dem künftig erhöhten Strombedarf wegen der Zunahme an Wärmepumpen und der E-Mobilität zu begegnen, seien die SWB bereits an Windparks offshore bei Borkum sowie in Bayern beteiligt und wollen selbst drei anvisierte Flächen im Rhein-Sieg-Kreis projektieren. Die SWB beabsichtigen zudem, Batteriespeicher auf ihren Betriebshöfen aufzustellen, um flexibler mit dem volatilen Energiemarkt umzugehen. Was die Stromerzeugung angeht, sei Bonn ein „Eldorado für die Photovoltaik“ stellte Hermes angesichts der Vielzahl geeigneter Dachflächen fest. Außerdem denken die SWB an eine Fernwärmeleitung über die Kennedybrücke, um den Stadtteil Beuel ans Fernwärmenetz anzubinden.


Nicht ohne die Bürgerinnen und Bürger
Ganz gleich, wann der Stadtrat die kommunalen Wärmeplanung absegne, ob das Wasserstoffkernnetz komme oder was aus dem GEG werde: „Wir warten nicht. Es geht trotzdem weiter, wir haben eine eigene Strategie“, so Hermes. Es gehe aber nicht nur ohne Handel, Handwerk und Kommunen, es gehe auch nicht ohne die Bürgerinnen und Bürger. Deshalb möchten die SWB ein spezielles Kundencenter in der Stadt aufbauen, um diese noch besser und individueller in Sachen Fernwärme, Wärmepumpe und Co zu beraten und ihnen neben dem Nachhaltigkeitsaspekt auch den Kosten-Nutzen-Aspekt nahe zu bringen.
„Sicherlich weit vorne“, sah Dr. Andreas Hollstein, Geschäftsführer der Landesgruppe NRW des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), die Stadt Bonn in der Umsetzung ihrer Energiewende im Vergleich mit anderen Kommunen in NRW. Das liege auch an den Stadtwerken, wo verschiedene Sparten zusammengefasst seien, die andere sich erst zusammensuchen müssten: „Und Stadtwerke sind Macher.“ In diesem Sinne solle die Arbeit weitergehen und so werde es auch einen dritten Energiegipfel geben mit weiteren Fortschritten auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel. (as)



Weitere Impressionen vom zweiten Energiegipfel Bonn/Rhein-Sieg gibt es hier.